Lisa ist hochsensibel mit emotionaler Autorität (d.h., sie reagiert aus der Emotion). Lisa hat viele von Yang konditionierte Menschen in ihrem Umfeld, die ihr sagen, dass sie zu emotional ist, unselbständig, zu empfindlich, dass sie wie ein Haufen Elend aussieht, dass sie eine Heulsuse ist etc.
Die Verdreifachung der Ablehnung
Lisa spricht mit Paul. Paul möchte nach Hause gehen, weil er genervt ist von Lisa. Lisa spürt Ablehnung, bezieht das Nachhausegehen von Paul auf sich und reagiert emotional, sie weint. Paul wird wütend, weil er yang-konditioniert ist und selber nie weinen kann. Er hat es sich nie erlaubt, seine Gefühle fließen zu lassen, loszulassen und weich zu sein. Sein Leben lang war er hart, er musste es sein, um zu überleben - vermeintlich. Lisas Tränen triggern ihn und er wird noch härter mit seinen Worten. Lisas Drama beginnt. Von dem Schmerz der Ablehnung geht es in den Kampf. Sie redet sich ein: „Ich darf nicht verletzt sein, ich darf nicht weinen, weil mich Paul sonst verlässt und nach Hause geht.“ Sie schreibt ihrer Freundin, was geschehen ist, und diese schreibt: „Boah, wie hältst du es nur aus mit Paul. Paul ist toxisch, tut dir nicht gut.“ Lisa verspürt noch mehr Wut und Trauer, weil sie glaubt, dass Paul sie schlecht behandelt und sie sich das „antut“.
Paul will nach Hause, lehnt Lisa ab - Lisa lehnt sich selbst ab, weil sie nicht weinen darf - Lisa lehnt sich noch mehr ab, weil Paul scheinbar toxisch ist.
Was Lisa im Schmerz aber nicht sieht ist, dass Paul nur ihre Selbstablehnung gespiegelt hat und nicht toxisch ist. Sie hat ihren Schmerz verdrängt - abgelehnt, weil sie sich einredete, dass Schmerz Verlust erzeugt (Paul geht nach Hause). Sie erkennt im Schmerz ihren Glaubenssatz nicht. „Ich bin falsch.“ Sie denkt, sie sei falsch, weil sie sich Pauls toxische Verhaltensweisen antut, geschehen lässt.
Lisa hat ihr lebenslang schon Verlustangst und diese Angst manifestierte sich in solchen Spiegelsituationen. Eines Tages erkannte Lisa, dass sie weder abgelehnt wird, noch falsch ist, noch sich etwas toxisches antut. Sie begegnet Paul erneut mit Sanftmut. Sanft, geduldig, mitfühlend.
Die gleiche Situation geschieht, doch nun sieht Lisa.
Paul ist genervt und will nach Hause. Die wache Lisa nimmt dies nicht persönlich, sondern schenkt Paul Raum des Gesehenwerdens. Sie nimmt seinen Wunsch an und reagiert mit Verständnis und Mitgefühl darauf. Paul wird plötzlich weich, denn er muss sich nicht mehr erklären, verteidigen, rechtfertigen. Er wird nicht mehr von Lisas Drama unter Druck gesetzt, er fühlt sich plötzlich nicht mehr falsch, sondern wertgeschätzt. Es ist, als hätte Lisa gesagt: „Ich sehe dich.“ Und so bleibt Paul dann doch bei Lisa, weil er sich geborgen fühlt.
Lisa blieb zugleich fern vom Drama, weil sie weiß, dass sie nicht abgelehnt werden kann, Verlust eine Illusion ist. Sie begegnet sich selbst mit Mitgefühl und Annahme, gibt sich dem Moment hin und legt die Kontrolle ab.
Lisa erkennt, dass alle Schreie von: „Du bist zu emotional.“ Du bist unselbständig.“ „Du bist eine Heulsuse.“ „Du schaust aus wie ein Haufen Elend.“ „Du Opfer.“ nur unsichtbare Hilferufe waren von verletzten Menschen, in konditionierter Yang-Energie. Yang-Menschen, die sich nie erlaubt haben, weich zu sein, zu weinen und fließen zu lassen.
Die wache Lisa übernimmt die Yang-Energie nun nicht mehr, sie unterdrückt sich nicht mehr, lehnt sich nicht mehr ab. Sie bleibt in der mitfühlenden, liebenden Yin-Energie und das Yang von Paul, wird somit zum Yin und er darf weich sein.
Er darf sich selbst sein, gesehen und verstanden werden.
Yin umarmt das Yang und das Yang umarmt somit zugleich das Yin. Und was entsteht ist die Harmonie von Yin und Yang.
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Vielleicht hast auch du solche Pauls in deinem Leben, oder kennst die Lisa ziemlich gut. In einer Yang-konditionierten Welt, wo wir (besonders Männer) nicht weich sein dürfen, weinen dürfen, schwach sein, ist es wichtig zu erkennen, dass Pauls nur verletzt sind, sowie Lisas. Sie möchten gesehen werden, geliebt und wertgeschätzt, aber erlauben es sich nicht, aus der Konditionierung des stark sein müssens, des Kampfes ums Überleben.
Wenn du nun als Lisa dir mitfühlend begegnest und dir bewusst machst, dass du richtig bist, wichtig, weißt du, dass Paul sich auch nur danach sehnt, sich so zu fühlen. Wichtig, richtig.
Wenn du nun als Paul dir mitfühlend begegnest und dir bewusst machst, dass du richtig bist, wichtig, weißt du, dass Lisa sich auch nur danach sehnt, sich so zu fühlen. Wichtig, richtig.
Wir müssen uns nicht mehr verteidigen, rechtfertigen, kämpfen, wir dürfen die Waffen niederlegen.
«Ein Gefühl in ihr kommt hoch, dass der Krieg nun endlich beendet ist. Dass das Stark sein nun endlich Weich sein darf. Dass niemand mehr stark sein, genug sein, kämpfen muss. Dass Gefühle endlich gefühlt werden, nicht mehr unterdrückt.» Zeilen aus dem Musikstück ‚Initiatio Lunae‘ mit Martin, das bald rauskommt.
Ich sehe dich!
Fabienne
Bild mit KI erstellt (Dall-e).
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